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1. Die Entstehung der Kleinbrennerei

Die Geschichte der Kleinbrennerei ist natürlich direkt verbunden mit der des Alkohols.
Die zielgerichtete Herstellung von alkoholischen Getränken durch den Menschen begann ca. 6000 v. Chr. 

Der erste Rohstoff für diese berauschenden Getränke war vermutlich Wildbienenhonig, der in den damals üblichen Behältnissen wie Keramikkrügen oder Flaschenkürbissen lagerte. Durch die Eigenschaft von Honig, Wasser aus der Umgebungsluft aufzunehmen, verdünnt er sich selbst und wird so für die alkoholproduzierenden Mikroorganismen leicht vergärbar.

Ein weiterer Meilenstein war ca. 5500 v. Chr., man begann die gezielte Herstellung von alkoholischen Getränken aus Früchten.

Die dritte Entwicklung war wohl die Verarbeitung von stärkehaltigen Rohstoffen wie Getreide zu alkoholischen Getränken.

Entwicklungsgeschichtlich bedeutsam ist auch der soziale Aspekt des Alkoholkonsums. Während Weine und Honigweine nach einiger Zeit durch weitere Gärungen zu Essig wurden, konnte Getreide lange Zeit aufbewahrt und im Bedarfsfalle zu „Bier“ verarbeitet werden. Dadurch waren alkoholische Getränke immer verfügbar und durch die Einfachheit der Herstellung nicht nur einer privilegierten Schicht zugänglich. Mehr als 4000 Jahre änderte sich nicht viel an diesen Grundtechnologien der Alkoholproduktion.

Im ersten Jahrhundert vor Christi Geburt erfanden keltische Stämme im heutigen badischen Raume erstmals Holzfässer für die Lagerung von Flüssigkeiten.

Nun konnten auch große Mengen an Wein und anderen alkoholischen Getränken über längere Zeiträume gelagert werden. Abermals änderte sich über 1100 Jahre nichts wesentliches in der Herstellung von Gärungsgetränken. Erst nach dem Jahre 1000 n.Chr. begannen Mönche in den Klöstern aus vielerlei Rohstoffen alkoholhaltige Getränke herzustellen.

Hier endet nun auch die Geschichte der allgemeinen Herstellung von niedrigprozentigen alkoholischen Getränken, welche die Grundlage für die nächste technologische Entwicklungsstufe, die Herstellung von hochprozentigen Alkoholika, bilden.

Die wohl berühmtesten Errungenschaften aus der Zeit 1000 – 1100 n.Chr. sind das Porzellan und das Schießpulver. Darüber hinaus wurde jedoch auch der hochprozentige Alkohol in dieser Zeit erforscht und erfunden. Primitive Destilliergeräte kannte man aus dem arabischen Raum, wo ätherische Öle mit Wasserdampf aus Pflanzen für die Parfumherstellung verwendet wurden. 

Unter Zuhilfenahme solcher Gerätschaften entdeckte man einen Stoff im Wein, der sich von den anderen Bestandteilen im Wein durch Hitze trennen ließ. 

Mit den Geräten dieser Art konnte man bei vorsichtiger Betriebsweise an einem Tag aus 10 bis 15 Litern Wein ca. 1 Liter Destillat mit ca. 50% Alkoholgehalt herstellen. 

Ein solches Destillat war auf Grund der Höhe des Alkoholgehaltes schon brennbar. Die Erfindung ist den Alchemisten anzurechnen, sie nannten ihr aus Wein gewonnenes Destillat Aqua vitae (Wasser des Lebens).

Da diese Alchemisten natürlich auch der Heilkunst verpflichtet waren, probierten sie auch die Eigenschaften dieses Erzeugnisses an Kranken aus. Das Ergebnis war, dass mit diesen meist hochprozentigen Destillaten allerlei Krankheiten der Psyche, Wurmleiden oder Ausschläge geheilt oder gelindert werden konnten. Die gesundheitliche Wirksamkeit ließ sich bei dieser Art von Medizin noch steigern, sobald Auszüge aus heilenden Kräutern und Gewürzen beigemengt wurden. Ungefähr 250 Jahre blieb dieses meist Aqua Vitae genannte, aus Wein hergestellte Lebenswasser den Apotheken und Heilern vorbehalten. 

Um 1550 wurden bessere Geräte entwickelt, wodurch es nun möglich war große Mengen an alkoholischen Destillaten herzustellen. Natürlich wurden schon damals die Produkte von den jeweiligen Herrschaften besteuert.

Da der Grundstoff Wein nur in den südlichen Regionen Europas in ausreichender Menge vorhanden war, wurde im Norden ab dem 15. Jahrhundert schon Obst und Getreide als Rohstoff verwendet. Die Verarbeitung von Obst und Getreide war technologisch anspruchsvoller als die Verarbeitung von Wein, hatte aber den Vorteil, dass der Abfall der Fabrikation, die sogenannte Schlempe, durch die Hefe und die Inhaltsstoffe zur Nutzviehfütterung verwendet werden konnte. Um 1520 war Alkohol in Form von 50%- bis 60%-iger Ware, dem sogenannten Branntwein, für wenig Geld einer breiten Schicht von Verbrauchern zugänglich. Branntwein war nun neben dem teuren Wein oder Bier ein wesentlich preiswerteres Genuss- und Lebensmittel.

Durch den 30-jährigen Krieg (1618 – 1648) kam der Weinanbau fast vollständig zum Erliegen. So verschob sich das Verbraucherverhalten vor allem in norddeutschen Ländern zu Gunsten von Branntwein zu Ungunsten von Wein und Bier, wodurch die fehlenden Weinimporte oder Weinmangel kompensiert wurde.

In Regionen, in denen durch die Erbteilung überwiegend bäuerliche Kleinbetriebe dominierten, förderte man die Landwirtschaft durch die höchstherrschaftliche Erlaubnis, die Feldfrüchte zu Branntwein verarbeiten zu dürfen. So erlaubte der Bischof von Straßburg, Kardinal Armand Gaston de Rohan, im Jahre 1726 sämtlichen Einwohnern und bäuerlichen Untertanen des Amtes Oberkirch, das Brennen von Kirschen zum Eigengebrauch. Der Branntwein wurde natürlich auch in die Städte geliefert. Nicht nur weil Geschmack und Qualität sehr unterschiedlich waren, wurde er dort auch aromatisiert. Vielfach versuchten die dort ansässigen Likörhersteller diesen „Sprit“ durch nochmaliges Destillieren unter Abscheidung des Vor- und Nachlaufes zu verfeinern bzw zu reinigen. Diese Likörhersteller und „Alkoholreinigungsbetriebe“ nannte man damals Destillateure.

Das Reinigungsverfahren wurde durch den technischen Fortschritt immer weiter verfeinert, sodass man am Ende dieser Entwicklung einen fast neutralen Alkohol erhielt. Auch im Bereich Medizin und Technik wurde die Nachfrage nach reinem Alkohol immer grösser.

Überwiegend norddeutschen Spiritusfabrikanten schlossen sich 1850 zusammen, um ihren Rohspiritus in Großanlagen mit entsprechend hohen technischen Anforderungen zu Neutralalkohol zu reinigen. Dies erschien notwendig, da die Erlössituation für Rohspiritus durch die Destillateure immer weiter nach unten getrieben wurde.

Durch den Zusammenschluss waren die Erzeuger nun selbst in der Lage, den Destillateuren einen Neutralalkohol anzubieten, der qualitativ besser als der ihre war.

2. Die Anfänge der modernen Brennerei

In den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts wuchs die Bevölkerung des Deutschen Reiches um 65 % an. Die Nachfrage nach Alkohol konnte kaum noch gedeckt werden.

Der Staat reagierte so, dass nun auch Brennrechte an bäuerliche Betriebe vergeben wurden. In Wein- und Obstgegenden, sowie in Getreide- und Kartoffelanbaugebieten wurden Brennrechte in Konzession vergeben. Beabsichtigt war, durch die Vergabe von Brennrechten die Alkoholerzeugung zu steuern, um so den Inlandsmarkt unabhängig von Importen zu halten, die Steuererhebung zu vereinfachen, landwirtschaftlichen Betrieben auch durch die Schlempefütterung die Gelegenheit zu geben, ihren Viehbestand zu vergrößern. Durch diese politischen Maßnahmen konnte der jeweilige Bauer seinen Kapitalstock wesentlich vergrößern.

Der heutige Aspekt ist, dass diese Art der Alkoholherstellung über bäuerliche Betriebe dezentral läuft und so viel umweltschonender bei der Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen ist, als viele Großanlagen unserer EU-Partner. Kaiser Wilhelm II. unterzeichnete am 26.Juli 1918 das erste Branntweinmonopolgesetz. 

Dieses Gesetz trat am 1.Oktober 1919 in Kraft. Die schwierige wirtschaftliche Zeit führte am 8.April 1922 nochmals zu einer Gesetzesänderung. Diese bildet heute noch die Grundlage des deutschen Branntweinmonopols. Durch Urteile des Europäischen Gerichtshofes wurde das Monopol im Jahr 1976 umgewandelt und hat heute mit einem Monopol nur noch dem Namen nach zu tun. Dieses Gesetz berücksichtigt auch die süddeutschen Klein- und Obstbrenner, denen ein Erzeugungskontingent von 300 Litern reinem Alkohol oder den sogenannten Stoffbesitzern ein Kontingent von 50 Litern reinem Alkohol zugesteht. Diese Mengen dürfen vom Erzeuger direkt verkauft werden, wenn vorher die Branntweinsteuer an den Fiskus entrichtet wurde. Damit wird erreicht, dass überzähliges Obst, das der Markt nicht mehr aufnehmen kann, über die Destillierblase verwertet oder veredelt werden kann.

Diese Maßnahme dient auch der Erhaltung des Streuobstanbaues der als ökologisch sehr wertvoll eingestuft wird. Von der noch von den Alchimisten geprägten Herstellung des „Aqua vitae“ zum Bewahrer der Volksgesundheit und „Steuersäckelfüller“ bis hin zum aktiven Schützter seiner regionaltypische Kulturlandschaften.